Die Kalkulation des erzielten Gewinns pro Verkaufsartikel muss stimmen, damit du beurteilen kannst, ob ein Verkauf sich überhaupt rentiert. Zudem erlangst du erst die volle Kontrolle über deine Selbständigkeit, wenn du die Zahlen im Blick hast. Für die Kostenrechnung gibt es diverse Software-Lösungen auf dem Markt, die du dir anlegen kannst. Zu Beginn deiner Selbständigkeit empfehle ich dir einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Kostenarten zu schaffen. Hierzu eignet sich eine Excel-Datei sehr gut. Als Beispiel habe ich dir auch eine Kalkulations-Excel-Datei als Muster angehängt, die du unterm Blog-Beitrag kostenlos runterladen kannst.
Ziel deiner Kalkulations-Excel-Datei sollte es sein, durch die Eingabe des Verkaufspreises den Gewinn des Artikels auf allen deinen Verkaufskanälen anzuzeigen.
Du solltest nur weiterlesen, wenn du wirklich Interesse an den Details hast. Ansonsten reicht dir die bis hierhin gewonnene Erkenntnis, dass man auf jeden Fall sich einen Überblick über die Zahlen verschaffen muss und dass dies mit Arbeit verbunden ist. Im Folgenden gehe ich etwas ins Detail, damit ich es mal niedergeschrieben habe.
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Ich werde die Beispiele in diesem Beitrag auf die klassischen Online-Kanäle Amazon, Ebay und den eigenen Online-Shop beschränken. Das Vorgehen und die genannten Hinweise kann man natürlich auf alle anderen Kanäle übertragen.
Zuletzt wurde ich von einem Freund gefragt, wie er seine Eigenmarke Gummibären übers Internet verkaufen kann. Ob es sich lohnt und wie er den Verkaufspreis bestimmen sollte. Um zu beurteilen, ob es sich lohnt, muss man zunächst einen eigenen Verkaufspreis berechnen. Diesen errechneten Verkaufspreis sollte man anschließend mit Konkurrenzpreisen vergleichen, um zu sehen, ob man im Markt konkurrieren kann. In der unten zur Verfügung gestellten Muster Excel-Datei habe ich beispielhaft das Gummibären-Produkt berechnet.
Beim Festlegen des Verkaufspreises bzw. beim Ausrechnen eures Gewinns solltet ihr folgende Ausgaben pro Artikel berücksichtigen:
- Die Kosten, die beim Produkteinkauf entstehen (Einkaufspreis vom Produkt)
- Die abzugebende Mehrwertsteuer (MwSt.)
- Die Verkaufsprovision, die Ihr an den Verkaufskanal zahlen müsst
- Die Versandkosten, die beim Versandt an den Endkunden anfallen
Auf die Mehrwertsteuer und die Verkaufsprovision des Kanals habt ihr keinen Einfluss. Oft heißt es im Volksmund, dass die Verkaufsprovisionen bei Amazon extravagant hoch sind. Das ist ein Irrtum. Amazon hat nicht die höchsten Verkaufsgebühren. Das ist bestimmt auch einer der Gründe, warum diese Verkaufsplattform so beliebt und erfolgreich ist. Es gibt viele Marketplaces, die eine 20%-ige Verkaufsprovision verlangen oder deren Gebührenkalkulation so kompliziert ist, dass die Kosten-Aufschlüsselung eine besondere Achtsamkeit erfordert.
Tipps zur Reduzierung der Versandkosten:
Beim Produkteinkauf und durch die richtige Wahl der Versandmöglichkeit kann man durch niedrige Einkaufspreise und Versandkosten sehr viel Geld sparen. Bei hohen Versandmengen kann man bzw. sollte man sogar mit dem Versanddienstleister über die Konditionen verhandeln. Empfehlenswert für die Versandkostenreduzierung ist, dass Ihr euch bei DHL und anderen Versanddienstleistern als Geschäftskunden registriert und Versandkosten vergleicht.
Ich wurde zuletzt gefragt, ob man alle Produkte mit Sendungsnummer verschicken sollte.
Mein Tipp: Kleine, günstige Artikel unversichert als Großbrief verschicken und Portokosten sparen. Der Post einfach etwas vertrauen!
Erfahrungsgemäß kommen 99% der Sendungen ohne Probleme beim Empfänger an. Bei günstigen Verkaufsprodukten sollte man immer rechnen, ob es sich finanziell mehr lohnt 99-mal ca. 2€ mehr zu zahlen, damit es versichert ist, oder 1-mal die verlorene Ware zu ersetzen und erneut zu senden.
Amazon hat bereits Regeln für seine eigene Plattform festgelegt, dass alle Verkaufsartikel über 20€ Netto mit Sendungsnummer verschickt werden müssen. Hier empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit der DHL Warenpost National, da diese Sendungen in etwa so teuer wie ein Maxibriefversandt und mit Sendungsverfolgungsnummer versehen sind. Auch andere Plattformen haben Statistiken und Erwartungen an die Versandqualität. Viele große Verkaufskanäle schreiben sogar einen ausschließlichen Paketversandt mit der DHL vor.
Achtet auf die Rücksendequote der Artikel. Zu hohe Rücksendequoten sind nichts für den Onlinehandel. Werdet ihr vom Verkaufskanal auch noch aufgefordert Rücksendelabels zur Verfügung zu stellen, kann eine hohe Rücksendequote schnell negative Zahlen zur Folge haben. Der Rückversandlabel ist meist noch teurer als der Versandlabel. Damit ihr kein Geld verbrennt, ist es zu empfehlen, dass ihr die Rücksendequote bei der Berechnung des Verkaufspreises mit berücksichtigt.
Verkaufen über Ebay:
Zunächst ist ein Basis-Shop Abonnement mit monatlichen Abonnementgebühren vollkommen ausreichend.
Die Verkaufsprovision setzt sich bei Ebay aus einem Prozentsatz des Gesamtbetrags der Transaktion und einem festen Betrag pro Bestellung in Höhe von 0,35€ zusammen. Der Prozentsatz des Gesamtbetrages ist abhängig von der Produktkategorie, in der Ihr verkauft. Eine Übersicht der prozentualen Verkaufsprovision nach Kategorie könnt ihr in tabellarischer Form in der eBay-Hilfe einsehen (eBay-Hilfe durchsuchen nach „Gebühren für gewerbliche Verkäufer“). Bei Gummibärchen beträgt der Prozentsatz z. B. 11%.
Die Verkaufsprovision wird auf den Gesamtbetrag berechnet. Der Gesamtbetrag umfasst nicht nur den Artikelpreis inkl. Mehrwertsteuer, sondern auch die Versandkosten, die der Kunde zusätzlich beim Kauf bezahlen muss. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass Ihr beim Eintragen des Verkaufspreises in die Muster-Excel den Verkaufspreis inklusive aufgeführter Versandkosten einträgt. Mein Tipp ist den Verkaufspreis immer inklusive Versandkosten in den Marketplaces anzugeben und für die Käufer kostenlosen Versand anzubieten. Unterm Strich kommt ihr auf dasselbe Ergebnis, aber das Anbieten von kostenlosem Versand wird in den Ranking-Algorithmen von vielen Marketplaces bevorzugt.
Natürlich kommen noch zusätzliche Kosten hinzu, wenn ihr z. B. Werbung schaltet oder kostenpflichtige Zusatzoptionen wie z. B. Untertitel verwendet. In der Muster-Excel-Datei sind jedoch nur die Hauptkostenträger dargestellt, was für eine erste Abschätzung der Produktrentabilität dienen soll.
Seit neustem bestraft Ebay Verkäufer mit schlechtem Service, durch höhere variable Verkaufsprovisionen. Sobald man in den Verkaufsstatus „Unterdurchschnittlich“ rutscht, muss man z. B. bei der Kategorie Verschiedenes (Gummibären) statt 11% einen höheren Prozentsatz von 15% als Verkaufsprovision zahlen. Die Dokumentation zur abweichenden Verkaufsprovision für Verkäufer mit Servicestatus „Unterdurchschnittlich“ könnt ihr in der eBay-Hilfe nachlesen (eBay-Hilfe durchsuchen nach „Verkaufsprovision bei Servicestatus „Unterdurchschnittlich““)
HINWEIS: Die Muster-Excel Datei muss natürlich angepasst werden, wenn Ihr die Kleinunternehmer Regelung in Anspruch nimmt. Dann müssten auf die Netto Verkaufsgebühren die MwSt. hinzugerechnet werden und die 19%-ige Produkt-MwSt. würde wegfallen.
Verkauf über Amazon
Ich empfehle bei Amazon von Anfang an den Verkaufstarif Professionell zu wählen.
Die Kosten für das Verkaufen bei Amazon hängen vor allem von der Verkaufsgebühr und der Versandstrategie ab. Der Betrag der Verkaufsgebühr pro verkauften Artikel hängt von der Produktkategorie ab. Die meisten Verkaufsgebühren liegen zwischen 8% und 15%.
Beim Gummibärchen-Beispiel übernehmen wir die Verkaufsgebühren aus der Produktkategorie „Lebensmittel & Feinkost“ (In der Google Suche nach „Amazon Preisgestaltung“ suchen):
- 8 % für Produkte mit einem Gesamtverkaufspreis bis zu 10,00 €
- 15 % für Produkte mit einem Gesamtverkaufspreis von mehr als 10,00 €
Die Versandstrategie bestimmt ihr selbst. Ihr habt drei Möglichkeiten.
- Selbstversand ohne Prime Label (Versand durch Verkäufer)
- Selbstversand mit Prime Label (Prime durch Verkäufer)
- Versand durch Amazon (Amazon FBA – Prime Versand)
Ihr könnt jeden Artikel, den Ihr anbietet, mit allen drei Versandmethoden anbieten. Hierzu müsst ihr die Artikel durch die Option „weiteren Zustand hinzufügen“ duplizieren und die einzelnen Duplikate mit verschiedenen Versandmethoden hinterlegen.
Für euren Selbstversand könnt ihr beliebige Versandkosten und Versandzeiten in den Einstellungen hinterlegen.
Beim Selbstversand mit Prime Label (Prime durch Verkäufer) seid ihr an die Versandrichtlinien von Amazon gebunden. Im Rahmen des Programms Prime durch Verkäufer müssen alle Sendungen bis spätestens 14 Uhr des Folgetages eingepackt und mit dem Versanddienstleister DPD versandt werden. Hierbei kommt jeden Tag innerhalb eines festgelegten Zeitfensters der DPD-Fahrer zur Abholung. Der Vorteil der Prime durch Verkäufer- Versandmethode ist, dass ihr die Vorteile des Prime Labels genießt. Die Kunden bevorzugen den Kauf eines Prime Angebots, um ihre Bestellung am nächsten Tag zu erhalten. Der große Nachteil ist, dass diese Versandmethode eine große Koordinierung mit der DPD voraussetzt und erfahrungsgemäß die Zusammenarbeit mit der DPD anstrengend sein kann. Zudem ist der Nachteil, dass ihr die Versandkosten nicht beeinflussen könnt. Bei Prime durch Verkäufer seid ihr an festgelegte Preise gebunden, die sich nach der Paketgröße richten.
Beim Versand durch Amazon schickt ihr die Artikel zum Amazon Lager. Die Artikel werden dort kommissioniert und die Bestellungen werden verpackt und direkt an die Kunden versendet. Kurz gesagt: Ihr verkauft und Amazon versendet. Ihr genießt die Vorteile vom Prime Label und Amazon nimmt euch viel Arbeit ab. Der Versand durch Amazon bzw. das Amazon FBA Programm ist absolut zu empfehlen und kann euch dabei helfen, eure Umsätze zu steigern und mehr Kunden zu erreichen. Durch die Lagerung der Artikel in Amazon-Logistikzentren entstehen Lagerbestandsgebühren. Diese sind in der Muster Excel nicht aufgeführt, weil sie zu den Hauptkosten vernachlässigbar gering sind. Auch beim Versand durch Amazon seid ihr an festgelegte Preise von Amazon gebunden, die sich nach der Paketgröße und dem Gewicht richten. Jedoch hat Amazon durchaus gute Versandkonditionen von denen ihr mit profitiert und wettbewerbsfähig bleibt.
HINWEIS: Weitere wichtige Kostenträger wie z. B. Rückversandkosten und Kosten für Werbung wurden in dem Muster-Excel der Übersichtlichkeit halber nicht berücksichtigt. In umfangreicheren Kalkulationssheets rechne ich die Kosten für den Rückversand mit ein. Ich berücksichtige die Kosten für den Rückversand durch eine durchschnittliche prozentuale Rücksendequote, die auf meinen Erfahrungen der Vergangenheit basiert. Diese Rücksendequote arbeite ich in die Berechnungsformel der Versandkosten mit ein.
Verkauf über den eigenen Online-Shop
Beim eigenen Online-Shop sind eure Hauptkostenträger die Versandkosten und die Gebühren, die ihr eurem Zahlungsdienstleister zahlt. Die monatliche Abonnement Gebühr, die Ihr an euren Shop-System zahlen müsst, ist vernachlässigbar gering, weshalb es nicht in der Kalkulation berücksichtigt werden muss.
Einen eigenen Online-Shop solltet ihr immer aufbauen, nicht nur, weil man dort den höchsten Gewinn erzielt, sondern weil diese auch für eure Firmen- und Markidentität zwingend notwendig ist.
Noch weitere Randbemerkungen:
Glaubt nicht, dass ihr mit dem hier ausgerechneten Gewinn nun euch selbst auszahlen und das Geld schön ausgeben könnt. Noch wurde nur die Umsatzsteuer berücksichtigt.
Diesen ausgerechneten Gewinn-Betrag könnt ihr mit dem Brutto Lohn in einer Festeinstellung vergleichen. Wenn ihr diesen berechneten Gewinn-Betrag nutzen wollt, um euer Lebensunterhalt zu beschreiten, müsstet Ihr natürlich noch weiter versteuern. Wenn Ihr Einzelunternehmer seid, dann muss noch die Einkommenssteuer und Gewerbesteuer abgezogen werden und wenn ihr als Steuerform eine Körperschaft besitzt, müsstet Ihr die Gewerbesteuer und die Körperschaftssteuer noch abziehen.
Ihr müsstet mit diesem Gewinn auch noch eure Miete und eure Unterhaltskosten zahlen können und etwas Geld zur Seite legen, für anfallende Risiken und Neuinvestitionen. Allein in einem Rechtsstreit kann ein Anwalt euch schnell mal mehrere Tausende Euros kosten.
Aber ein Unternehmer denkt nicht daran das Geld aus der Firma rauszunehmen. Wir wollen ja weiter investieren. Deshalb reicht es erstmal aus, wenn Ihr diese Kalkulation nutzt, damit ihr kein Verlust macht.